Das Buch zum Thema:
Deutschsprachige Kinder- und Jugendzeitschriften
Leseprobe, Rezension, Bezugsmöglichkeiten

Unsere Zeitung

Teil 1: 1946 bis 1953

Unmittelbar nach Kriegsende, 1945 gehörte die KPÖ, Die kommunistische Partei Österreichs, neben der SPÖ und der ÖVP zu den Gründerparteien der Zweiten Republik. Die erste provisorische Regierung wurde bereits im April 1945 angelobt und noch im Frühsommer dieses Jahres sicherten sich SPÖ und ÖVP den Zugriff auf Druckereien als Instrument der politischen Agitation. Die KPÖ forderte gleiche Möglichkeiten und es wurden ihr im Rahmen eines langfristigen Pachtvertrages die Druckereien des vormals arisierten Steyrmühlverlages überlassen. Im Juli 1945 gründeten die Kommunisten die 'Globus Zeitungs-,Druck- und Verlagsgesellschaft'. Im Juni 1946 erschien im Globusverlag mit 'Unsere Zeitung' die zweite große Kinderzeitung, die in direkte Konkurrenz zur 'Kinderpost' trat.
Die kommunistische Partei stand im Schatten der 'Roten Armee', die Teile Österreichs besetzt hielt, und war in politischer Hinsicht strikt nach Moskau orientiert. Der Kommunismus hatte schon im Österreich der Vorkriegszeit keine wesentliche Rolle gespielt und stieß nach dem Krieg bei breiten Schichten der Bevölkerung auf entschiedene Ablehnung, zumal die 'Rote Armee' massive Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung begangen hatte und daraus resultierende Vorbehalte auch auf die moskauorientierte KPÖ übertragen wurden. in den Wahlen von 1945 und 1949 mußten die Kommunisten entscheidende Niederlagen hinnehmen. Ein von den Kommunisten 1950 angezettelter, letztlich aber gescheiterter Generalstreik, in dem man den Beginn eines kommunistischen Putsches befürchtete, vertiefte das Mißtrauen der österreichischen Bevölkerung gegen die KPÖ, die unter ständigem Mitgliederschwund litt und in eine bis heute andauernde politische Bedeutungslosigkeit abglitt.
Dennoch erfreuten sich einzelne Produktionen des Globus-Verlages, darunter auch die 'UZ' bei der österreichischen Bevölkerung einer gewissen Beliebtheit. Das hat verschiedene Gründe:

Die 'UZ' war gemessen an den Möglichkeiten der Zeit einfach hervorragend gemacht und brauchte den Vergleich mit ihren Mitbewerbern nicht scheuen.

Sie war meist preisgünstiger als Konkurrenzprodukte, was in einer Zeit des allgemeinen Mangels durchaus eine Rolle spielte, wenn es auch nur um Groschenbeträge ging.

'Unsere Zeitung' war ausgesprochen österreichisch-patriotisch. Das entsprach der politischen Linie der KPÖ, die sich in diesem Punkt auf die Moskauer Deklaration, in welcher schon 1943 die Wiederherstellung Österreichs als selbständiger Staat beschlossen worden war, stützen konnte. Es entsprach aber auch der offiziellen österreichischen Politik und dem Gefühl vieler Österreicher, die sich solcherart von Deutschland und der Mitverantwortung für Kriegsereignisse distanzieren konnten. In der UZ erschienen daher zahlreiche unterhaltsame und informative Beiträge und Serien mit Österreich-spezifischen Themen. Eine Kooperation mit den zeitgleich in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands entstehenden Kinderzeitungen ist jedenfalls inhaltlich nicht feststellbar; die UZ ging einen durchaus eigenständigen, auch unter den Bedingungen der Konkurrenz erfolgreichen Weg.

'Unsere Zeitung' vermied jede vordergründige dogmatische oder gar parteipolitische Agitation, wodurch sie wahrscheinlich weitgehend unverkäuflich geworden wäre. Unpolitisch war sie deswegen aber keinesfalls. In der Dezembernummer 1960, in welcher sich die Zeitung von ihren Lesern verabschiedete, wird ganz deutlich ausgesprochen: "Ich wünsche mir, daß Ihr alle Gedanken und Ideen, die wir euch so viele Jahre nahebringen wollten, wie Freundschaft unter den Völkern, die Liebe zum Frieden, die Erkenntnis, daß wir alle Menschen auf der ganzen Welt achten sollen, ganz gleich ob sie verschiedene Eigenschaften oder eine verschiedene Hautfarbe haben, in euch aufgenommen habt..." Man muß der 'UZ' zubilligen, dass dieses Anliegen ernst gemeint und nicht nur eine Floskel war.
In den ersten Jahren erschienen gelegentlich Berichte über Aktivitäten der parteinahen 'Jungen Garde', die aber bald verschwanden. Andererseits bezeichneten sich die Macher der 'UZ' , genauso wie es in der 'Kinderpost' üblich war, als Onkeln und Tanten und ihre Leser als 'liebe Nichten und Neffen'. Kirchliche Feste wie Ostern und Weihnachten wurden, wie es die Leser erwarteten, gebührend erwähnt. Es gab Krippen zum Ausschneiden, Weihnachtsmärchen und Weihnachtsgeschichten, die Rede war vom Christkind, von Engeln und von Petrus. Lediglich der religiöse Hintergrund dieser Feste fand keine Erwähnung; das wäre von überzeugten Kommunisten auch zuviel verlangt gewesen.
Für 'Unsere Zeitung' arbeiteten hervorragende Autoren und Zeichner. Neben Lilli Weber- Wehle die später vielfach ausgezeichneten Kinderbuchautorinnen Mira Lobe und Friedl Hofbauer,sowie die Zeichnerinnen Susi Weigel, Susanne Wenger, Dora Dimow, Else Weichberger, Hella Schiefer, und Hans Birnbauer.
Soweit mir Biografisches über diese Leute zugänglich geworden ist, habe ich kaum Hinweise auf ihre oft jahrelange Mitarbeit an der 'UZ' gefunden. Das mag daran liegen, dass Kinderzeitungen an sich geringer geachtet werden, als Bücher, vielleicht auch daran, dass für manche die frühere Mitarbeit an einer kommunistischen Zeitschrift als ein wenig peinlich galt. Das ist schade. Denn in der 'UZ' sind viele Beiträge enthalten, die es wert wären, in Erinnerung zu bleiben.
Bei objektiver Beurteilung muss gesagt werden, dass die UZ einen herausragenden Platz in der Geschichte der Österreichischen Kinder - und Jugendliteratur verdient und völlig zu Unrecht weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Lediglich im Katalog der Deutschsprachigen Comics findet sie Erwähnung: Das wird ihrer Bedeutung aber nicht gerecht.

Verlauf

Titel Bemerkung
1. Jahrgang
1946


12 Hefte (nummeriert von 1 bis 12)
1. Heft: 1.Juli 1946
Bereits in Heft 1 beginnen die österreichisch-patriotischen Serien 'Sagen aus Österreich' und 'Große Männer und Frauen Österreichs', denen viele ähnliche folgen sollten, ab Heft 2 'Die Insel der Stimmen' nach R. L. Stevenson, erzählt und gezeichnet von Susanne Wenger
Herausgegeben von der Demokratischen Vereinigung Österreichs "Kinderland", Druck: Globus
Preis 40 Groschen
Bild: Heft 7; das Titelbild bezieht sich auf die erste schriftliche Erwähnung des Namens Österreich: Ostarrichi im Jahre 996.


1. Jahrgang
1947


24 Hefte (anschließend nummeriert von 13 bis 36)
Die Hefte 1946 und 1947 werden gemeinsam als 1. Jahrgang bezeichnet. Der 2. Jahrgang beginnt mit Nr. 1 aus 1948.
Ab Heft 28 beginnt die Serie 'Maxl's Abenteuer', die später auf der Rückseite der 'UZ' erschien. Die Serie, die im Lauf der Zeit von verschiedenen Textern und Zeichnern gestaltet wurde, erfreute sich großer Beliebtheit und war jahrelang eines der Zugpferde der 'UZ'.
Ab Heft 33 (November 1947) beginnt die siebenteilige- ausgesprochen origenelle Bilderzählung 'Die Drachenblume Orchidax'.
Ab Heft 24 neuer Preis: 50 Groschen; gleichzeitig wird der Umfang von bisher 12 auf 16 Seiten verstärkt. Ab Heft 29 neuer Preis: 80 Groschen
Bild: Heft 25; Zeichnung: Susanne Wenger
*Max reist zum Mars

Die Serie ist mit ihren Sprechblasen eine echte Novität. Formal handelt es sich um eine Hybridform zwischen Comic und traditioneller deutscher Bildgeschichte. In der ersten Episode von 'Maxl's Abenteuer' reist Max als blinder Passagier mit einem Raumschiff zum Mars. Die Marsbewohner haben den gesamten Planeten zur Sicherung des Friedens mit einem Gitter aus Metall umspannt und verweigern den Erdbewohnern die Einreise; sozusagen eine planetarische Version des eisernen Vorhanges.
Später wurden die Sprechblasen aufgegeben und die Serie als konventionelle Bildgeschichte (Bilder mit untergesetzten mehrzeiligen Text) weitergeführt, noch später als illustrierte Textversion.


Die Drachenblume Orchidax


Im Mohrenhäuptling Adobu und seinem Feldmarschall Hermago sind unschwer die Machthaber des 'Dritten Reiches' wiederzuerkennen, was aber von den Kindern sicher nicht realisiert wurde. Textzitate: Laut ruft der Fürst: "He Hermago,/ mein ganzes Heer versammle so,/ Auf, du Dickwanst, nicht geträumt/ sonst wird vielleicht der Sieg versäumt!".....Aber der Zauberer Papalu plant die Kriegstreiber von einer Drachenblume fressen zu lassen: O treibe nur zum Krieg, du Tor,/ und keiner warne dich davor!/ Ich aber will mit meiner Rache/ so sehr versalzen dir die Sache,/ daß nichts dir bleibt von deinem Ruhm,/ daß vielmehr jeder wild und stumm/ hält sich die beiden Ohren zu, nennt wer den Namen Adobu!"

2. und 3. Jahrgang
1948


24 Hefte
Die Hefte des Jahres 1948 sind von 1 bis 24 durchnummeriert. Die Hefte 1 bis 12 werden als 2. Jahrgang bezeichnet, die Heften 13 bis 24 als 3. Jahrgang. Ab Jänner 1949 (4. Jahrgang) entspricht die Jahrgangsbezeichnung dem Kalenderjahr und die Hefte werden mit 1 beginnend jeweils durchnummeriert.
Ab Heft 5 erscheint die Serie 'Pipsimaus Abenteuer', Text: Friedl Hofbauer, Zeichnung: Susi Weigel. Die Serie erschien jahrelang und gehört zum besten, was in der 'UZ' erschienen ist.
Ab Heft 11 erscheint die Serie 'Eduard und Ottokar, das fidele Brüderpaar', zunächst noch unregelmäßig, später in jeder Ausgabe. Zeichner, wahrscheinlich nur anfänglich:Teja Aicher, der 1958 in der 'Wunderwelt' eine umgezeichnete Version unter dem Titel 'Max, Michael und Monika' veröffentlichte. Abgesehen von den allerersten Folgen signiert Aicher diese Serie in der 'UZ' nicht.
Ab Heft 18 Sammelbilder. Ab jetzt erscheinen regelmäßig Sammelbilderserien, die meist Bestandteil von Preisausschreiben waren und eingeschickt werden mussten.
Ab Heft 12 neuer Preis: 90 Groschen;
Bild: Heft 12; Zeichner: Weichberger

Pipsimaus (Hofbauer/Weigel)



Das zu Unrecht in Vergessenheit geratene, mit seinen vielen Folgen umfangreiche 'Jugendwerk' zweier Künstlerinnen, die später zu den bekanntesten Gestaltern von Kinderbüchern gehörten.
4. Jahrgang
1949

26 Hefte
Ab Heft 6 beginnt die Serie 'Sambo', die jahrelang erschien. Text: Novotny; Zeichnung: Weigl; ab Heft 15 textet Lilli Weber- Wehle die Serie. Die Serie besticht vor allem durch die Zeichnungen von Susanne Weigl

5. Jahrgang
1950
26 Hefte
Heft 26 ist eine Doppelnummer mit 32 Seiten und einem Preis von S 1.80.-
Ansonst ab Heft 14 neuer Preis S 1.-
Heft 5 enthält die Mitteilung, dass Franziska Novotny, die von Anfang an die Zeitung entscheidend mitgestaltet hatte und für deren Inhalt verantwortlich gewesen war, verstorben ist. Neue Verantwortliche: Alice Lederer- Steiner. Das Konzept der Zeitung bleibt unverändert.
Im April erscheint als Sondernummer der 'UZ' 'Unser Magazin'.
In Heft 7 kehrt Maxl nach jahrelangen abenteuerlichen Irrfahrten nach Hause zurück; in Heft 8 beginnt 'Maxls neue Abenteuer.'
6. Jahrgang
1951

26 Hefte
Heft 26 ist eine Doppelnummer mit 32 Seiten und einem Preis von S 2.50.-
In Heft 6 enden 'Maxls neue Abenteuer', in Heft 7 beginnen 'Maxls Abenteuer in Indien'
Ab Heft 11 neuer Preis: S 1.30.-. Ab Heft 25 wirbt die 'UZ' laufend damit, die billigste Kinderzeitung Österreichs zu sein ( Die 'Kinderpost' kostete zu diesem Zeitpunkt S 1.60 und die 'Wunderwelt S 2.-).

Gleichfalls ab Heft 25 übernimmt Mira Lobe die von Lilli Weber- Wehle begonnene Serie 'Das Sechserhaus' und entwickelt sie zu der Geschichte, die später in überarbeiteter und stark gekürzter Form als 'Bäbu, der Bärenbund' zunächst im Schönbrunnverlag und später im Verlag Jungbrunnen in Buchform erschien. Illustriert wurde diese Geschichte von Susanne Weigel. Zwischen Lobe und Weigel entstand eine jahrzehntelange Zusammenarbeit; die sogenannten Mira- Susi- Bücher sind jedem Freund von Kinderbüchern bekannt.

Bild: Heft 17; Zeichner: Weigel (Sambo)
7. Jahrgang
1952

26 Hefte
Die Hefte 7 (Ostern), 19 (Schulbeginn) und 26 (Weihnachten) sind Doppelnummern mit 32 Seiten und einem Preis von S 2.50.
In Heft 7 enden 'Maxls Abenteuer in Indien', in Heft 8 beginnen 'Maxls neue Abenreuer'.
In Heft 18 beginnt der Fortsetzungsroman von Mira Lobe 'Der Diebstahl'.
In Heft 24 erleben 'Eduard und Ottokar' ihr 100. Abenteuer.
Gleichfalls in Heft 24 endet die Serie 'Sambo'
Bild: Heft 26; Zeichner: Hella Schiefer

8. Jahrgang
1953


26 Hefte
Heft 7 (Ostern) und 25 (Weihnachten) sind Doppelnummern mit 32 Seiten und einem Preis von S 2.50 und S 3.-.

In Heft 1 beginnt 'Maxl am Nordpol'
In Heft 1 beginnt ebenfalls die Serie 'Was Pockerl erlebte'. Die Geschichte stammt von Mira Lobe, die Zeichnungen von Susi Weigel. Später wurden in stark gekürzter und abgeänderter Form die Abenteuer des Teddybären Pockerl und seines Freundes, des Kasperl von Mira Lobe in den Büchern 'Bärli hupf' und ' Bärli hupft weiter' veröffentlicht. Die etwas abgeänderte Einleitungsepisode dieser Bücher, in welcher Pockerl ein Gummiball in den Bauch genäht wird, findet sich in Heft 23. Die Bücher sind recht bekannt geworden. Die in Vergessenheit geratene UZ-Version ist mit ihren vielen Fortsetzungen umfangreicher, reicher und bunter bebildert und- einfach besser.
In Heft 12 endet der Roman 'Der Diebstahl' und es beginnt ein neuer Fortsetzungsroman von Mira Lobe 'Wein doch nicht, Edith'.
In Heft 19 enden vorläufig 'Maxls Abenteuer' Nunmehr erscheint auf der letzten Seite R.L.Stevensons 'Die Schatzinsel' als hervorragend gemachtes Comic. Obwohl nicht signiert, weist der Zeichenstil auf Susi Weigel hin, die man wohl mit einiger Gewissheit als Schöpferin ansehen kann.

Bild links: Heft 20; Zeichner: Weigel (Pockerl). Bild unten: Die Schatzinsel

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Köstner, Christina: "Wie das Salz in der Suppe". Zur Geschichte eines kommunistischen Verlages. Der Globus Verlag. Wien, Univ., Dipl.-Arb., 2001