Der Verlag Hellmuth Mielke & Co, Hans Steinsberg, Wien
Die Kinderzeitungen: Papagei, Schmetterling, Kiebitz
Teil 7 : Micky und ihre Kollegen


In den Kinderzeitungen Der Papagei, Der Schmetterling, und Der Kiebitz tauchten in den Jahren 1937 bis 1939 US- Amerikanische Comicstrips auf, was damals ungewöhnlich und nicht ohne verlegerisches Risiko war.


Oben ein Ausschnitt aus dem Schmetterling, 12. Jahrgang, Heft 11.
1937 war in der Schweiz im Züricher Verlag Bollmann die Micky Maus Zeitung erschienen, hatte allerdings ihr Erscheinen nach 18 Nummern einstellen müssen, weil sie beim Publikum nicht angekommen war. Auch der Verlag Steinsberg, der unter dem Namen Service-Zeitungsverlag A. G. formal gleichfalls in der Schweiz ansässig war, brachte Disney- Material, aber auch andere amerikanische Comicserien heraus.
Disney sah sich nämlich Mitte der Dreißiger mit dem Verbot konfrontiert, aus Italien, wo seit 1932 Topolino erschien, Lizenzgebühren in die USA zu transferieren. Also versuchte man in der Schweiz, wo solche Einschränkungen nicht bestanden, und damit auch im deutschsprachigen Raum Fuß zu fassen.
Steinsberg war aber sichtlich darauf bedacht, durch dieses amerikanische Material den Charakter seiner gut eingeführten Zeitungen nicht zu verändern. Das Schicksal der Micky Maus Zeitung, die sozusagen alles auf eine Karte gesetzt hatte, bot ein warnendes Beispiel. Die ausländischen Serien waren so ausgesucht, dass sie zu den im Papagei, Kiebitz und Schmetterling erscheinenden Serien passten und wurden nur zeitweise, verteilt über alle drei Zeitungen abgedruckt. Zusätzlich wurden sie so ummontiert, dass sie mit meist gereimten Textblöcken ergänzt wurden, wie das bei den sonst in diesen Kinderzeitungen erscheinenden Bildgeschichten üblich war. Möglicherweise sah der Verlag Steinsberg auch eine Chance durch dieses Material den Abgang etlicher seiner Stammzeichner in den Jahren 1938/39 auszugleichen.

Schneewittchen und die sieben Zwerge
(Snowhite and the seven dwarfs)

ist der erste abendfüllende Zeichentrickfilm der Walt-Disney-Studios aus dem Jahr 1937,der bedingt durch die Kriegsereignisse in Österreich 1948 und in Deutschland 1950 erstmals gezeigt wurde.
Bereits 1938/39 erschien im Kiebitz ein Abdruck einer Comicserie mit den Charakteren dieses Filmes.
Die einzelnen Folgen waren doppelseitig. Oben: Ein Ausschnitt aus dem Heft 1/1939; unten ein Ausschnitt aus dem Heft 21/1938
Die im Presseverlag "Saarbrücker Zeitung" erscheinende Kinderpost, nicht zu verwechseln mit der österreichischen Kinderpost, brachte 1950 neuerlich einen Abdruck dieses Strip, nunmehr bereits ohne gereimten Begleittext.

Adolar der Elefant und seine Abenteuer

ist ein Comicstrip, der 1937 im Kiebitz erschien und Charaktere des 1936 produzierten Kurzfilmes von Walt Disney Elmar Elephant verwendet. Elmar (Adolar), ein Vorläufer von Dumbo, ist ein kleiner Elefant, der in das Tigermädchen Lilly vernarrt ist, worum sich sowohl der Film als auch die Comicserie dreht.
Zwei Ausschnitte aus dem Heft Kiebitz, 8. Jahrgang Nr.24

Die drei kleinen Schweinchen

Dieser Strip geht auf den Kurzfilm "Three Little Pigs" von Walt Disney aus dem Jahre 1933 zurück. Es handelt sich um eine Geschichte, in der ein großer böser Wolf vergeblich versucht drei kleine Schweinchen zu fangen. Als Comicstrip erschienen die drei kleinen Schweinchen erstmals 1936 in Amerika. Die beiden Seitenausschnitte oben und unten stammen aus dem Papagei, 13.Jahrgang (1938), Heft Nr.13

Drei kleine Kätzchen (Seitenausschnitt aus Papagei 13/1938): wahrscheinlich nach dem Disneyfilm "Three Orphan Kittens" (Die drei kleinen Waisenkätzchen) 1935.
Im Schmetterling wurden 1938 vier Folgen von Henne Gluck und ihre Kinder (The wise little hen) veröffentlicht, in denen eine frühe Version von Donald Duck als Enterich Emmerich auftritt.

Aber auch Comics, die nicht von Disney stammten, waren prominent vertreten.

Kater Felix

erschien zwischen 1937 und 1939 sowohl im Schmetterling als auch im Kiebitz. Es handelt sich um eine amerikanische Cartoonfigur (Felix the Cat), die auf einen Zeichntrickfilm Anfang der 20er Jahre zurückgeht. Der Bildausschnitt oben stammt aus dem Kiebitz, 10. Jahrgang (1939), Heft Nr.2

Mutzi - Putzi, die Katzenprinzessin erschien im Kiebitz. Es handelt sich um eine Übernahme der amerikanische Cartoonserie "The Pussycat Princess", die 1935 von Grace Drayton kreiert wurde. Links ein Ausschnitt aus einem Originalstrip.

Prinz Waldemar
Abenteuer aus ritterlichen Tagen

Diese Serie erschien 1939 im Papagei. Es handelt sich um einen Abdruck der von Hal Foster ab 1937 als Zeitungsstrip gezeichneten Serie "Prince Valiant", die eine der erfolgreichsten Comicserien aller Zeiten wurde, und im deutschen Sprachraum nach dem Krieg unter dem Titel "Prinz Eisenherz" Bekanntheit erlangte.

Schnucki der Wunderhund

Diese Serie erschien 1938 im Schmetterling. Sowohl der Zeichenstil als auch die Uniform des Polizisten belegen den amerikanischen Ursprung. Es ist mir aber bis jetzt nicht gelungen die Originalserie ausfindig zu machen.

Auch der kleine schwarze Kater Muzimulli, der ein Räuber werden wollte (Papagei 1938), ist höchstwahrscheinlich ein 'Amerikaner', ohne dass ich sagen könnte, wie das Original hieß. Es ist aber beachtlich, wie umfangreich und vielfältig nicht nur das hausgemachte, sondern auch das aktuelle amerikanische Comicmaterial war, das Steinsberg veröffentlichte.


Beide Serien standen in der Tradition der abenteuerlichen Bubengeschichten, die unmittelbar nach dem Krieg in der UZ mit Maxls Abenteuer fortgesetzt wurde.

Mit dem Strip Peters und Willys Abenteuerfahrten (Ausschnitt links) hatte der Papagei bereits ab 1928 eine von Zelger gezeichnete Abenteuerserie veröffentlicht, die mehrere Jahre erfolgreich lief, teilweise aber fantastische und märchenhafte Züge annahm. Die Bilder dieser Serie wurden durch relativ umfangreiche Texteinschübe ergänzt, die zum Verständnis der Handlung notwendig waren.
1937/38 wurde im Papagei der Strip Ferry, die seltsamen Abenteuer eines tapferen Jungen veröffentlicht, der von manchen als erster echter 'dramatic strip' bezeichnet wird, der im deutschen Sprachraum erschien (Prinz Waldemar folgte 1939). Herkunft und Zeichner sind mir nicht bekannt, es ist aber zu vermuten, dass es sich um die Übernahme ausländischen Materials handelt. Ebensowenig läßt sich sagen, ob die auch hier umfangreichen Texteinschübe dem Original entsprechen, oder, so wie bei anderen Serien, vom Verlag hinzugefügt wurden.

Mit dem Abdruck amerikanischen Comicmaterials 1937 bis 1939 erreichten Der Papagei, Der Schmetterling, und Der Kiebitz einen letzten Höhepunkt, dann forderte der Krieg seinen Tribut. Ab 1940 fehlen ausländische Beiträge und die meisten Stammzeichner waren schon 1939 verschwunden, wahrscheinlich, weil sie zum Militär mussten. Ab 1939 behalf sich der Verlag mit namentlich nicht bekannten Zeichnern (oder Zeichnerinnen), die wohl nur zweite Garnitur waren. Zwar wurden einige traditionelle Serien fortgeführt, die Zeichnungen wirken aber oft lieblos und hastig hingeworfen. Auch nahm der Anteil an Zeichenserien deutlich ab.
Die kriegsbedingte Einstellung der drei Kinderzeitungen erfolgte Mitte 1941

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