Der Verlag Hellmuth Mielke & Co, Hans Steinsberg, Wien
Die Kinderzeitungen: Papagei, Schmetterling, Kiebitz
Teil 3
Der Zeichner K. Th. Zelger

Einer der meistbeschäftigten Zeichner für die vom Verlag Steinsberg herausgegebenen Kinderzeitungen Der Papagei, Der Schmetterling, und Der Kiebitz war K. Th. Zelger.
Exakte biografische Daten habe ich nicht auffinden können. Es ist aber eine Propagandapostkarte ("Die verkrüppelte Allianz") wohl vom Anfang des Ersten Weltkrieges belegt, die man auf Grund der Signatur Zelger zuordnen kann. Daraus kann man schließen, dass er Ende des 19. Jhdts geboren wurde. Gelebt und gearbeitet hat er in Wien.
K. Th. Zelger, arbeitete von 1925 bis 1934 - also gleichzeitig wie für den Verlag Steinsberg - für das linksliberale Wiener Satireblatt "Götz von Berlichingen", wo er unter dem Titel "Bilderbogen des kleinen Lebens" (Die Abenteuer der Familie Riebeisl) die von dem 1925 verstorbenen Zeichner Fritz Gareis begonnene Serie fortsetzte. Obwohl sichtlich von den lustigen Bildgeschichten mit Lokalkolorit beeinflußt, die man nach der Jahrhundertwende in zahlreichen humoristischen Blättern finden konnte, fällt an dieser Serie ein für die damalige Zeit ungewöhnlich konsequenter Einsatz von Sprechblasen auf. Diese comicartige Erzähltechnik übernahm Zelger auch für seine Arbeit bei Steinsberg.

Das Wien der 20er und 30er Jahre scheint - ganz im Gegensatz zur Nachkriegszeit - überhaupt ein guter Boden für frühe Comics gewesen zu sein. Man denke etwa auch an die (politsche) Comicserie "Tobias Seicherl", die zwischen 1930 und 1933 im sozialistischen "Das kleine Blatt" erschien. Gestaltet wurde "Seicherl" von Ladislaus Kmoch (1897 - 1971), der Ende der 20er Jahre ebenso wie Zelger für den "Götz von Berlichingen" tätig war.

Der Ausschnitt oben stammt aus einem 1931 (!) erschienen Strip, in dem Postenschacher, Freunderlwirtschaft und (ungerechtfertigte) Frühpensionierungen im Bereich der Bundesbahn angprangert werden

Zelger dürfte wohl hauptsächlich für Zeitschriften gearbeitet haben. An Buchillustrationen sind mir lediglich die Zeichnungen zu dem Kinderbuch "Der Wuschelfritz und andere Geschichten" von Leo Hofer bekannt, das wohl in den 30er Jahren in Wien erschienen ist und in Form einer Buschiade recht drastisch die Bestrafung 'böser' Kinder schildert.
Für den Verlag Steinsberg zeichnete Zelger von 1926 bis (sicher) 1938. Ab Mitte 1938 fehlen in den mir zugänglichen Exemplaren Beiträge von Zelger. Über sein weiteres Schicksal konnte ich nichts in Erfahrung bringen.
Im Gegensatz zu anderen Zeichnern signierte Zelger seine Beiträge sämtliche mit seinem Namen oder zumindest mit

Zwischen (vermutlich) 1928 und 1936 gestaltete Zelger die Serie "Peter und Willys Abenteuer". Es handelte sich um eine Bildgeschichte, die mit Sprechblasen arbeitete, aber auch mit relativ umfangreichen (meist für das Verständnis der Geschichte entbehrlichen) untergesetzten Textblöcken versehen war.
Diese Serie ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Es wurde eine comicartige Bildgeschichte nicht nur als Episodenstrip angelegt, sondern als umfangreiche Fortsetzungsserie mit durchlaufender Handlung, was ich in dieser Form bei früheren comicartigen Bildgeschichten nicht beobachten konnte.
Inhaltlich muss man die Serie der abenteuerlichen Fantasyliteratur (um einen damals noch gar nicht bekannten Ausdruck zu gebrauchen) zuordnen. Die beiden Knaben, die als Identifikationsfiguren für die jungen Leser dienen, bekämpfen (gelegentlich nach der Weltherrschaft strebende) Bösewichter, sind mit Unterseebooten und Aeroplanen unterwegs, sie fliegen mit einer Rakete in den Weltraum, besuchen eine Weltraumstation, sprengen auch einen Himmelskörper, der einem Bösewicht als Unterschlupf dient, dringen in unterirdische Reiche ein, wo sie versunkene Kulturen und Urzeittiere antreffen, begegnen Riesen und Zwergen und vieles mehr in der Art.
Was heute niemand besonders aufregen wird, weil die Flut der Unterhaltungsindustrie solche Themen hinlänglich ausgeschlachtet hat, muss für die 30er Jahre sehr ungewöhnlich und faszinierend gewirkt haben und erklärt die lange Laufzeit der Serie. Läßt man den heute doch etwas antiquierten Stil unberücksichtigt, ist die erzählerische Qualität dieser Serie hervorragend und läßt viele, noch immer hochgelobte Comicserien der 50er Jahre bescheiden wirken.

Oben: Ausschnitt aus dem 2. Märzheft von 1930: Landung auf einer Weltraumstation. Der Textblock wurde weggelassen. Eine Folge bestand aus zwei solchen untereinander angeordneten Bildstreifen.
Unten: Etwas vergrößerter Ausschnitt aus dem 9. Heft des 9. Jahrganges (1934) Unsere zwei Helden gelangen durch einen unterirdischen Fluß in ein Reich in dem die altägyptische Zivilisation überlebt hatte. Das Lost World- Motiv war zu der Zeit sehr beliebt.

Ausschnitt aus einer Episode der Serie "Rips und Raps samt Tips dem Taps"; Kiebitz 6. Jahrgang Nr. 11

Für den Kiebitz zeichnete Zelger die Serie "Kapitän Pumpernickel und seine getreue Mannschaft" Oben ein Ausschnitt aus dem 11. Heft des 6. Jahrganges (1936), für den Schmetterling "Die lustige Huxli- Buxli- Farm". Unten ein Ausschnitt aus dem 11. Heft des 12 Jahrganges (1937). Beide Serien waren mit beigefügten Text bzw. Verszeilen versehen, die zum Verständnis der Geschichte nicht notwendig waren, aber zusätzliches 'Schmunzelmaterial' boten.

Links das Titelbild, das Zelger für das Heft Nr. 11 des 12. Jahrganges des Schmetterling zeichnete.
Die gezeigten Bildbeispiele können nur einen ersten Eindruck von den vielfältigen Beiträgen geben, die Zelger im Laufe seiner mehr als 10 jährigen Tätigkeit für Steinsberg schuf.

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