Das Buch zum Thema: Der unglaubliche Struwwelpeter Inhalt, Bezugsmöglichkeiten |
Die Abbildungen oben stammen aus einer russischen Version bereits aus dem Jahre 1849 (also vier Jahre nach dem Erscheinen des Buches) und zeigen die Episode von den Tintenbuben. Hoffmann, der Autor und Zeichner des Struwwelpeter, soll ein Exemplar davon besessen, an den Zeichnungen, die teilweise vom Original abweichen, großen Gefallen gefunden und sich von ihnen bei der Endfassung (1858) seines Struwwelpeters inspirieren haben lassen. |
|
Schöpfer des Struwwelpeter war der renommierte Arzt Dr. Heinrich Hoffmann ( geboren am 13. Juni 1809 in Frankfurt am Main; gestorben am 20. September 1894 ebendort), der von 1851 bis zu seiner Pensionierung 1888 die städtischen Nervenheilanstalt in Frankfurt am Main leitete und als früher Vertreter der Jugendpsychiatrie gilt. Neben seinem Beruf als Arzt war er auch literarisch tätig und verfasste Gedichte und Theaterstücke. |
Hatte es der Autor zunächst noch vorgezogen - immerhin war er ein angesehener Arzt und Wissenschaftler - sich hinter dem Pseudonym 'Reimerich Kinderlieb', in einer späteren Ausgabe 'Heinrich Kinderlieb' zu verbergen, bekannte er sich ab der fünften Ausgabe (1847) mit seinem Namen zu seinem Werk, das begann ein Verkaufsschlager zu werden. Die heute noch verwendeten Zeichnungen stammen aus dem Jahre 1858 und wurden von Hoffmann für die damals im Buchdruck in Gebrauch kommende Holzschnitttechnik adaptiert. |
|
Allein schon sein unbestreitbarer Erfolg sichert dem Struwwelpeter in der Geschichte der deutschen Kinderliteratur einen herausragenden Platz, ohne dass sich dieser allerdings genau bestimmen lässt, auch wenn meist davon ausgegangen wird, dass es sich um den Endpunkt einer Entwicklung und den Prototyp des modernen deutschen Bilderbuches handelt. Tatsächlich ist der Struwwelpeter ein singuläres Ereignis in der Kinderliteratur an das weder seine Epigonen noch sein Schöpfer selbst mit späteren Werken anschließen konnten. |
Die Illustrationen des Struwwelpeter, die uns so vertraut sind, waren zum Zeitpunkt des Erscheinens des Buches eine Novität, Manchen ein Ärgernis, letztlich aber ein entscheidendes Element in der Wirkung des Buches auf Kinder. Obwohl Hoffmann viel Mühe auf seine Zeichnungen aufwandte, erlag er nie der Versuchung, sie dem noch aus dem Biedermeier herkommenden Geschmack beim Buchschmuck anzupassen. Bilderbücher waren damals meist sorgfältig illustriert, detailreich, oft künstlerisch ausgestaltet und sollten in den damals sehr verbreiteten Anschauungsbüchern in belehrender Weise die Wirklichkeit abbilden. Hoffmanns Zeichnungen hingegen sind einfach, manche wirken, als ob es sich um Kinderzeichnungen handelt, und sie sprechen mit ihren klaren Aussagen direkt die Phantasie des Kindes an. Der Struwwelpeter bei WIKISOURCE: Hier können Sie den vollständigen Text mit allen Bildern ansehen. |
Das Buch Der Struwwelpeter beinhaltet zehn Geschichten, wobei jene vom Struwwelpeter selbst eigentlich gar keine Geschichte ist, sondern nur eine Beschreibung der Titelfigur |
||
Sieh einmal, hier steht er -
Pfui! Der S t r u w w e l p e t e r ! An den Händen beiden Ließ er sich nicht scheiden Seine Nägel fast ein Jahr. Kämmen ließ er nicht sein Haar. "Pfui!" ruft da ein jeder: "Garstger S t r u w w e l p e t e r !" |
Links: Die ursprüngliche Fassung des Struwwelpeter, so wie sie Hoffmann 1844 zeichnete. |
|
Die Geschichte vom bösen Friederich
Der Friederich, der Friederich, Das war ein arger Wüterich! Er fing die Fliegen in dem Haus Und riss ihnen die Flügel aus. Er schlug die Stühl und Vögel tot, Die Katzen litten große Not. Und höre nur, wie bös er war: Er peitschte seine Gretchen gar! |
Der "bitterböse Friederich" ist ein Ausbund an aggressiver Gewalttätigkeit, bis er schließlich an den Falschen gerät. Ein großer Hund, den er auspeitscht, beißt ihn in das Bein, "Recht tief bis in das Blut hinein" und nimmt ihm die Peitsche fort. |
|
Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug
Und Minz und Maunz, die Katzen, Erheben ihre Tatzen. Sie drohen mit den Pfoten; "Die Mutter hat´s verboten! Miau! Mio! Miau! Mio! Wirf´s weg! Sonst brennst du lichterloh!" Doch weh! Die Flamme fraß das Kleid, Die Schürze brennt; es leuchtet weit. Es brennt die Hand, es brennt das Haar, Es brennt das ganze Kind sogar. |
Diese Geschichte tauchte erstmals in der zweiten Auflage auf:
"Paulinchen war allein zu Haus" und beschloss trotz der Warnungen der Katzen mit dem Feuerzeug des Vaters zu spielen. |
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Heil Dir, Du Knusperhanns! Hölzern in Pracht und Glanz! Heil, Knacker, Dir! Beißen, wie Du, wer kann's? Nüsse des Vaterland's Läßt Du gewiss nicht ganz. Heil Knacker, Dir! (Heil dir im Siegerkranz, Herrscher des Vaterlands! Heil, Kaiser, dir! Fühl in des Thrones Glanz Die hohe Wonne ganz, Liebling des Volks zu sein! Heil Kaiser, dir!) |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||
König Nussknacker und der arme Reinhold erschien 1851 und erreichte bei Rütten & Loening ca. 40 Auflagen. Die Abbildung oben zeigt die 35. Ausgabe, wahrscheinlich um 1900. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Verarmt, verkommen und verdorben
ist endlich dort er still gestorben.
Die ersten beiden Auflagen von Bastian der Faulpelz erschienen ab 1854 bei der Jäger'schen Buch-, Papier- und Landkartenhandlung in Frankfurt und ab der dritten Auflage bei Rütten & Loening. |
Ihr meint vielleicht, die Engel oben,
die hätten weiter nichts zu tun als nur zu singen und Gott zu loben und dann gemächlich auszuruhen. Im Himmel und auf der Erde erschien 1858 bei Rütten & Loening. Es handelt sich um eine Sammlung ganz unterschiedlicher Geschichten für Kinder verschiedenen Alters. |
|
Seinen lieben Enkeln
Heiner und Carl widmet dieses Buch der Großvater Die Tage fliehen. Es war vor vielen Jahren, Als eure Eltern selbst noch Kinder waren, Da schrieb ich diesen manch ein buntes Buch. Ich wurde alt und all der Herrlichkeiten Gedachte ich als längst vergangner Zeiten, Die weit hinab der Strom des Lebens trug. |
|
Prinz Grünewald und Perlenfein mit ihrem lieben Eselein erschien um 1875 und ist das letzte Kinderbuch, das Hoffmann veröffentlichte. Er widmete es seinen Enkeln Heiner und Carl. |
Bereits 1851 erschien daher bei Thienemann in Stuttgart Struwwelpeter's Reu und Bekehrung. Verfasser war wohl Carl Ludwig Thienemann selbst. Das Büchlein knüpft direkt an die Hoffmannsche Figur an, deren Kenntnis beim Leser vorausgesetzt wird. Der struwwelige Peter schämte sich, weil er von den Kindern verspottet wurde und bat seine Mutter um Hilfe. Das Säuberungswerk gestaltete sich sehr schwierig, aber der Erfolg konnte sich sehen lassen (Abbildungen oben). |
|
Struwwelpeter auf Reisen erschien bereits 1852 (?) im Verlag Friedrich Bartholomäus in Stuttgart. Der Text stammt von Th. Drobisch, die Zeichnungen von A. Karst. Das Buch beginnt mit den Worten: "Der Struwwelpeter ist bekehrt, / Er wird von Allen nun verehrt, / Und will den Kindern groß und klein, / jetzt überall zum Muster sein." |
"Das Schreiliesel" (Abbildung links), erschien erstmals 1864 und ist vermutlich der zweite Versuch, ein weibliches Pendant zum "Struwwelpeter" zu schaffen. Die Illustrationen stammen von Fritz Steub, einem ständigen Mitarbeiter bei den "Fliegenden Blättern" und den "Münchener Bilderbogen". Es sind Geschichten enthalten wie: 'Wie das Schreiliesel sich nicht waschen lassen will', 'Wie das Schreiliesel seine Milch nicht trinken will', 'Wie die Kinder mit Schreiliesel nicht spielen wollen', usw. |
||
Die Struwwel-Liese, oder Lustige Geschichten und drollige Bilder für Kinder (Bilder oben Mitte und unten), von Dr. Julius Lüthje mit Zeichnungen von Franz Maddalena erschien erstmals um 1890. Es ist mit seinen Dutzenden Auflagen eines der bekanntesten und erfolgreichsten Struwwelmädchen-Bücher. Anders als bei Hoffmann werden kindliche Verfehlungen hier auch von den Erziehenden geahndet. Mit anderen Worten: Das Kind wird gelegentlich verhauen. |
Das naschhafte Lieschen hat sich den Magen verdorben, weshalb es vierzehn Tage krank ist. Nach erfolgter Genesung bekommt es von der Mutter die Rute: Sozusagen als ergänzende, vorbeugende Therapie (Bild links). |
Die Struwwelhanne stammt von dem bekannten Kinderbuchillustrator Fritz Baumgarten (1883-1966) und ist wahrscheinlich vor dem ersten Weltenkrieg erstmals erschienen. Fritz Baumgarten hat noch ein weiteres Struwwelmädchen, nämlich die Struwwel-Lene geschaffen. |
|
In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts tauchte auch die Struwwelliese wieder auf. Dieses entzückende, im © Verlag Pestalozzi erschienene Büchlein wurde von Cilly Schmitt-Teichmann getextet und von Charly Greifoner illustriert. Es erlebte zahlreiche Auflagen und erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit. Mit der Struwwelliese von 1890 hat es allerdings nur mehr den Namen und das Grundthema gemeinsam. |
Um 1960 erschienen im Verlag © Schwager & Steinlein Struwwelchen und Struwwelpetra und wahrscheinlich schon in den 50ern bei © Jos. Scholz-Mainz Schlampinchen, drei etwas modernere aber recht konventionell gemachte Struwwelmädchen |
Ebenso wie ihr männliches Vorbild überschritten auch die Struwwelmädchen die Grenzen des Kinderbuches. Ein schönes Beispiel dafür ist die Struwwelpaula, erschienen 1994 bei © Rütten & Loening, dem ursprünglichen Struwwelpeterverlag. Aus dem Klappentext: "Sechs Grafikerinnen folgen Hoffmanns Zeigefinger in satirischer Übertreibung..." Eine kleine Kostprobe ist die Abbildung rechts, die aus einem Cartoon von Maria Marcks stammt. Das Mädchen, dem die Geschichte von Paulinchen und dem Feuerzeug vorgelesen worden war, bricht in Tränen aus, weil ihm vor allem die beiden am Ende weinenden Katzen leid tun. Auf so unerwartete Weise nehmen Kinder bisweilen Geschichten auf, die man ihnen erzählt. Hoffmann hätte an dieser Beobachtung sicher seine Freude gehabt. |
weiter zu: | Service & Navigation |
Der Struwwelpeter Teil 2 Struwwelpeters Nachfolger |
Zur Startseite mit dem Verzeichnis aller anlinkbaren Beiträge |
Kinder und Märchen | Zurück, von wo Du gekommen bist |