Die Entwicklung des Schulwesens in Österreich nach 1945
Gegen Ende des zweiten Weltkrieges wurde in der Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 1945 der Anschluss Österreichs an Deutschland für null und nichtig erklärt. Bis zum Staatsvertrag von 1955 und dem Abzug der letzten Besatzungstruppen war die Souveränität Österreichs eingeschränkt. Innenpolitisch ist die Situation der zweiten Republik vereinfacht gesagt durch eine Kooperation der beiden großen Parteien, Sozialdemokraten und Christlichsoziale gekennzeichnet, die trotz aller Gegensätze oft zu großen Koalitionen zusammenfanden. |
Mitte der 50er Jahre drängten geburtenstarke Jahrgänge nach Abschluss der Hauptschule auf den Arbeitsmarkt. Um eine der begehrten Lehrstellen etwa als Schlosser oder Elektriker in einem Großbetrieb mit eigener Lehrwerkstätte zu bekommen, waren Voraussetzung der Hauptschulabschluss im ersten Klassenzug mit guten Noten und eine Aufnahmsprüfung, die aus einem recht anspruchsvollen Wissenstest bestand. Gefordert wurde beispielsweise in Mathematik die Lösung von Gleichungen mit zwei Unbekannten oder von ausgeklügelten Textgleichungen. Einzelne Firmen nahmen zusätzlich umfangreiche psychologische Testungen der Kandidaten vor, was damals - vor 50 Jahren - eine ausgesprochene Novität war. Für die relativ grosse Zahl von Schulabgängern, die keine Lehrstelle fanden, wurde an Hauptschulen der sogenannte Einjährige Lehrkurs eingerichtet, aus dem sich später das neunte Pflichtschuljahr entwickeln sollte. Der Besuch des Einjährigen Lehrkurses war freiwillig und konnte jederzeit abgebrochen werden, wenn der Schüler doch noch eine Lehrstelle fand. Der Unterricht vertiefte den Stoff der vierten Klasse Hauptschule und versuchte durch praktische handwerkliche Übungen den Schülern eine Entscheidungshilfe bei der Berufswahl zu bieten. Wie man sieht, waren damals die Probleme beim Eintritt Jugendlicher ins Berufsleben von der heutigen Situation gar nicht so verschieden. |
![]() |
![]() |
![]() |
1945, nach dem Ende des zweiten Weltkrieges herrschte auf dem Gebiet des Schulbuches im Wesentlichen dieselbe Situation wie bei der Kinder- und Jugendliteratur überhaupt. Der Bestand aus dem Dritten Reich war nicht mehr verwendbar, die Neuproduktion lief schleppend an und orientierte sich wenig innovativ an bewährten Konzepten und Vorlagen der Vorkriekszeit. |
||
![]() |
![]() |
![]() |
Mein erstes Buch und Mein zweites Buch Leykam Verlag / Österreichischer Bundesverlag / Verlag für Jugend und Volk; 1947; Lesefibel für den Anfangsunterricht, Österreichische Stadtfibel |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Murli Brumm und andere lustige Leute Die bekannte Kinder- und Schulbuchserie des Verlages für Jugend und Volk mit vollständiger Auflistung der erschienen Bändchen |
|||
Diese schönen Heftchen (die Reihe umfasste etwa 30 Bände) erschienen ab 1946 im Verlag für Jugend und Volk, und waren zum Unterrichtgebrauch an Schulen zugelassen. |
![]() |
![]() |
![]() |
Von links nach rechts:
Beobachte und Versuche!, Naturlehre 2. Teil für die dritte Klasse der Mittel und Hauptschulen, 1947 zum Unterrichtsgebrauch zugelassen; 1954 |
![]() |
![]() |
![]() |
Daneben wurden Lesehefte eigener Art in den Schulen vertrieben. Als bereits kurz nach dem Krieg die Schmutz und Schund- Diskussion in aller Heftigkeit aufflammte, gelang es dem Buchklub der Jugend, der die organisatorische Basis für die Bekämpfung der Romanheft- und Comicliteratur bildete, sich als geradezu halboffizielle Institution dauerhaft an den Schulen zu verankern, dort die Produktionen der kooperierenden Verlage zu bewerben und - ebenso wie das Jugendrotkreuz - vor allem seine periodischen, kinderzeitungsähnlichen Publikationen an den Mann zu bringen. Dieser Vertrieb erfolgte über die Lehrerschaft. Man muss sich das so vorstellen. Zu Beginn des Schuljahres fand eine Besprechung zwischen Klassenlehrer und Eltern statt, in denen den Eltern dringend ans Herz gelegt wurde, diese Hefte, die auch als Klassenlesestoff dienen konnten, für ein Jahr zu bestellen; das funktionierte - auch heute noch - fast immer. |