Das Buch zum Thema:
Deutschsprachige Kinder- und Jugendzeitschriften
Leseprobe, Rezension, Bezugsmöglichkeiten

Der heitere Fridolin

Halbmonatsschrift für Sport, Spiel, Spass und Abenteuer
1921 bis 1928

Der heitere Fridolin erschien von 1921 bis 1928, im Verlag Ullstein alle zwei Wochen; pro Jahr gab es 26 Hefte. Ein Jahrgang begann (Nummer 1) mit dem ersten Oktoberheft. Die Nummer 8 eines Jahrganges war dementsprechend das erste Jännerheft des folgenden Kalenderjahres.
Jedes Heft hatte 16 Seiten, der Ladenpreis betrug nach der Währungsreform von 1923 10, später 15 Pfennig, in Österreich 25, später 35 Groschen. Vor 1923 scheinen als Folge der galoppierenden Inflation ständig steigende Preise auf.
Mit dem Start im Jahre 1921 hatte der Ullsteinverlag auf dem Gebiet der periodischen Kinder- bzw. Jugendschriften nach dem ersten Weltkrieg eindeutig die Nase vorne. Man hatte dort überdies mit der Beilage Das Blatt der Kinder zur Wochenschrift Das Blatt der Hausfrau schon Erfahrung mit periodischen Kinder- und Jugendzeitschriften. Der heitere Fridolin bot eine ausgewogene Mischung von Reportagen, Kurzgeschichten, Fortsetzungsromanen, Rätsel, Witzen und Bildgeschichten. Es handelte sich um eine der ersten Kinderzeitschriften im deutschsprachigen Raum, die zumindest teilweise in Farbe gedruckt wurden. Der heitere Fridolin erinnert auch ein wenig an die bekannten Magazine der 20er Jahre, wie beispielsweise den UHU, mit dem der Ullsteinverlag ebenfalls sehr erfolgreich war. Das Zielpublikum waren etwa 10 - 14 jährige Kinder. In seiner kolportagehaften Art unterschied sich Der heitere Fridolin deutlich von den 'erbaulichen' Kinderzeitschriften des willhelminischen Deutschland und wirkte im Vergleich zu diesen recht modern. Durch sein frühes Erscheinen konnte er auch eine freie Marktlückte besetzen, weil es kurz nach dem Krieg kaum Vergleichbares gab. In den ersten Jahren seiner Existenz war Der heitere Fridolin jedenfalls sehr erfolgreich.
Ich habe keine Aussagen darüber gefunden, warum Der heitere Fridolin im Jahre 1928 plötzlich eingestellt wurde, vermute aber, dass es wirtschaftliche Gründe waren. Denn ab der Mitte der 20er Jahren begannen Konkurrenzprodukte dem heiteren Fridolin Marktanteile streitig zu machen. Man denke etwa an die Kinderwelt, die ab 1926 erschien, sehr schön gemacht war und ein Leserpublikum mit einem Alter von etwa 8 bis 12 Jahren ansprach, oder in Österreich, Der Regenbogen (1924/25) für etwas ältere Kinder. Dazu kamen die großen Werbekinderkinderzeitungen wie Papagei und Schmetterling (1926) oder Blaubandwoche und Rama-Post (1924/25), um nur die wichtigsten zu nennen. Diese Werbekinderzeitungen waren ansprechend und aufwändig gemacht, erschienen alternierend wöchentlich und waren vor allem gratis. Mit dem Börsenkrach an der Berliner Börse von 1927 warf die Weltwirtschaftskrise ihre Schatten voraus und für viele Menschen war eine Ersparnis von auch nur einigen Mark nicht unwesentlich. Schließlich muss auch festgestellt werden, dass diese Werbekinderzeitungen ohne jeden ernst zu nehmenden pädagogischen Anspruch ganz auf den Geschmack und die Unterhaltung ihres jungen Publikums ausgerichtet waren und damit dem 'heiteren Fridolin', so innovativ er auch wenige Jahre zuvor gewesen sein mochte, die Leser abspenstig machten. Alles in allem ist daher zu vermuten, dass sinkende Auflagezahlen für die Einstellung des 'heiteren Fridolin' zumindest mitursächlich waren.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden 'Hausfrauenzeitungen' als Vorläufer der auch heute noch sehr beliebten 'Frauenzeitschriften'. 1896 brachte der Verlag Schirmer in Berlin die Wochenschrift Dies Blatt gehört der Hausfrau (später: Das Blatt der Hausfrau) heraus, die vermischte Beiträge mit (im Verständnis der Zeit) frauenspezifischer Schwerpunktsetzung, wie Ratschläge für Küche, Haus und Garten, Schönheits- und Gesundheitspflege, Schnittbögen und dgl. brachte.
Dem Blatt wurde (neben anderen Beilagen) auch Das Blatt der Kinder beigegeben. Zwischen jenen zum Verkauf bestimmten Kinderzeitschriften, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, und den kostenlosen Werbekinderzeitungen, die hauptsächlich in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts aufkamen, stehen die sogenannten 'Kinderbeilagen'. Sie waren meist Familien- und Frauenzeitschriften beigelegt, sind vertriebsmäßig also keine eigenen Zeitschriften, entsprechen aber meist von Umfang und Inhalt einer kompletten Kinderzeitung. Insoweit stellen auch sie eine die Interessen der Kinder instrumentalisierende Werbemaßnahme für die Stammzeitschrift dar. Solche Kinderbeilagen fand man bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts recht häufig, dann verloren sie wegen eines ständig wachsenden Angebotes an preisgünstigen spezifischen Kinderzeitschriften an Bedeutung.
1904 übernahm der Verlag Ullstein Das Blatt der Hausfrau mit der Beilage Das Blatt der Kinder. Diese Kinderbeilage, die ursprünglich noch ganz in der Tradition der Kinderzeitschriften des willhelminischen Deutschland gestanden hatte (Bild oben mitte), wurde bald sehr viel moderner gestaltet (Bild oben rechts: Eine Ausgabe aus 1912) und kann als direkter Vorläufer des heiteren Fridolin gesehen werden.

Die Bilder oben zeigen ganz typische Titelblätter des heiteren Fridolin. Das Logo der Zeitung war ein motorgetriebener fliegender Delphin, der gelegentlich auch abhanden kam und gesucht werden musste (mittleres Bild).
Das Format der Zeitung betrug 16 x 23cm, lediglich die Hefte des 7. Jahrganges waren mit 19 x 25,5cm etwas größer.
Die drei Titelblätter stammen von bekannten und vielbeschäftigten Zeichnern des heiteren Fridolin und zwar von links nach rechts: Ferdinand Barlog, Albert Schäfer-Ast und Moritz Pathé.

Paul Simmel und Ferdinand Barlog

Paul Simmel (1887 bis 1933) war ein zu seiner Zeit recht bekannter Karikaturist. Nach dem Studium an der Berliner Akademie der Künste zeichnete er für 'Die lustigen Blätter' und das 'Berliner Witzblatt' und wurde nach dem ersten ersten Weltkrieg ein vielbeschäftigter Werbegrafiker und Mitarbeiter div. Zeitschriften. Bis 1924 zeichnete er auch für den heiteren Fridolin und schuf die beiden Serien Laatsch und Bommel und Professor Pechmann.

Ferdinand (eigentlich Wladislaus) Barlog (1895 bis 1955) war ein Karikaturist und Witzezeichner, der sozusagen auf den Spuren Simmels, dem er zeitweise assistierte, wandelte. 1924 übernahm er die im heiteren Fridolin erscheinenden Serien Laatsch und Bommel und Professor Pechmann von Simmel und setzte sie kongenial fort. Nach dem Tod Simmels übernahm er auch dessen Position bei der 'Berliner Illustrierten'. Noch heute bekannt ist er durch seine Bildfolgenserie Die Fünf Schreckensteiner, die zuerst 1939/40 in der 'Berliner Illustrierten' erschien.

Zwei Beispiele zum Thema 'Zahnarzt' aus dem Magazin UHU, Ullstein 1927. Die Zeichnung links stammt von Simmel, rechts von Barlog.

Bild links: Die broschürte Buchausgabe der 5 Schreckensteiner von Ferdinand Barlog, 1940. Es handelte sich um heitere Bildgeschichten über das nächtliche Treiben einiger Geister. Die Bildstreifen kommen abgesehen von einem Titel pro Geschichte ohne Text aus.
Bild rechts: Soldatenleben, Barlogs Aufklärungen für jeden Wehrpflichtigen!, broschürt, ohne Jahr, vmtl. aus den 30er Jahren, vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Überraschend die Verwendung von Sprechblasen, was sonst nicht Barlogs Stil entspricht.

Die unregelmäßig erscheinende Serie Laatsch und Bommel war zweiseitig, zweispaltig und bestand aus insgesamt acht Bildern, die mit untergesetzten Textblöcken versehen waren. Der Ausschnitt oben stammt von Simmel, der untere von Barlog. Es handelt sich um das klassische Slapstick- Duo des Dünnen und des Dicken (Pat und Patachon, Laurel und Hardy), die mit naivem Optimismus von einem selbst verschuldeten Missgeschick zur nächsten Katastrophe stolpern. Ursprünglich in Stummfilmen populär geworden, wurde das Thema bald auch in komischen Bildgeschichten verwendet (zB.: Laatsch und Bommel, Rips und Raps).

Die unregelmäßig erscheinende Serie Professor Pechmann war zweiseitig, zweispaltig und bestand aus insgesamt acht Bildern, die mit untergesetzten Textblöcken versehen waren. Der Ausschnitt oben stammt von Simmel, der untere von Barlog. Die meisten Erfindungen des Professors sind vernünftig betrachtet weder praktisch, noch wirklich realisierbar, sondern die komischen Einfälle eines Witzezeichners. Der Professor scheitert auch regelmäßig, aber nicht aus praktischen Gründen, sondern auf eine ebenso irreale Art, wie die Erfindungen selbst zustandekommen sind. Als Running Gag wird er meist von den durch seine Umtriebe Geschädigten zur Schadenersatzleistung aufgefordert.

Gelegentlich machte Professor Pechmann aber auch Erfindungen, die zu ihrer Zeit so utopisch wirkten, dass sie Gegenstand einer Witzgeschichte sein konnten, die aber heute, etwa 80 Jahre später, durchaus aktuell sind. Mit der Erfindung des Radiofernsehers, zu einer Zeit, als es überhaupt erst seit etwa 4 Jahren Rundfunksendungen gab, die mit archaischen Geräten empfangen werden konnten, schuf Pechmann die Voraussetzung für die Videoüberwachung von Mitarbeitern, kam aber letztlich zu dem Schluss: "daran wird niemand sich erfreuen" und zerschlug seine Erfindung wieder. Der von Barlog gezeichnete Strip (unten) kann durch Anklicken vergrößert werden.

Auf der letzten Seite des heiteren Fridolin findet sich regelmäßig eine einseitige Bildgeschichte, die - wie die oben gezeigten Beispiele - meist von Barlog stammen. Typisch für die meisten dieser Bildgeschichten mit simpler Pointe ist, dass sie durchaus ohne Text verstanden werden können.

Moritz Pathé

Zahlreiche Illustrationen, vor allem Titelbilder(oben drei Beispiele), stammen von dem bekannten Tier- und Jagdmaler Moritz Pathé (1893-1956). Er illustrierte zahlreiche Tierbücher, unter anderem von Erich Kloss und wurde auch durch seine Darstellung afrikanischer Motive bekannt.

Albert Schaefer-Ast und Fritz Eichenberg

Der Zeichner und Graphiker Albert Schaefer-Ast (1890 bis 1951) wurde nach einer Lehre für Bildhauerei an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf ausgebildet. Ab 1913 arbeitet er in Berlin als Karikaturist für die "Lustigen Blätter" und die "Woche " und später bis 1933 bei mehreren bekannten Berliner und Münchner Zeitschriften, darunter der "Simplizissimus" und die "Jugend". Die Nationalsozialisten stuften sein Werk als "entartet" ein, schlossen ihn aus der Reichskunstkammer aus und verhängen teilweise ein Arbeitsverbot über ihn. Von 1945 bis zu seinem Tode 1951 war er als Leiter der Graphikklasse an der Hochschule für Baukunst und Bildende Künste in Weimar tätig.
Für den heiteren Fridolin zeichnete er Titelblätter, Textillustrationen und Bildgeschichten (oben links: Onkel Toldi). Die Serie 'Onkel Toldi' wurde allerdings auch bald von Barlog weitergezeichnet.

Der Graphiker, Illustrator und Schriftgestalter Fritz Bernhard Eichenberg (1901 - 1990) studierte an der Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig. Danach arbeitete er als Designer und Illustrator. 1933, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, musste er Deutschland verlassen. Es gelang ihm, in der USA, wo er beruflich sehr erfolgreich wurde, Fuß zu fassen.
Für den heiteren Fridolin zeichnete er Titelseiten (oben rechts) und Textillustrationen.

Der heitere Fridolin brachte mehr, als es bei den bisherigen Jugendzeitschriften der Fall gewesen war, spekulative Artikel zu technischen Themen.
Bild oben links: Trotz der antik anmutenden technischen Ausstattung, eine Ahnung vom Internetzeitalter. Mit Bild und Ton sind Schüler und Lehrer weltweit miteinander verbunden.
Bild oben rechts: Mit solchen futuristischen Luftschiffen sollte es künftig möglichen sein, Amerika in 24 Stunden zu erreichen.
Bild links: Für einen regelmäßigen Luftverkehr mit Zeppelinen nach Amerika, ist es nach Meinung des Autors unerläßlich schwimmende Zwischenlandestationen auf dem Meer zu schaffen.
Bild unten: Mit solchen Gefährten von der Größe eines Hochseeschiffes sollte ein Passagierverkehr durch die Wüste möglich werden.

Besondere Erwähnung verdienen auch die Fortsetzunsromane, die im heiteren Fridolin erschienen sind, bzw. deren Autoren. Zum Beispiel:

Kai aus der Kiste
von Wolf Durian

Ist ein Jugendroman, der erstmals, beginnend in Heft 20 des 4. Jahrganges im heiteren Fridolin als Fortsetzungsgeschichte erschien und zu den Klassikern der moderneren deutschen Jugendliteratur gehört.
Wolf Durian (1862 bis 1969) hieß eigentlich Wolfgang Walter Bechtle und war Redakteur des heiteren Fridolin. Er schrieb mehrere Kinderromane, von denen aber nur Kai in der Kiste in Erinnerung geblieben ist.
Kai ist der Anführer einer Berliner Bubenbande, der es im Rahmen eines Wettbewerbes schafft, einen amerikanischen 'Schokoladenkönig' von seinen Qualitäten als Reklamemacher zu überzeugen.
Neu waren die sachliche Sprache, die sich deutlich von dem pathetischen Stil überkommener Jugendliteratur unterschied und der straffe, humorvolle Erzählstil. Neu war auch, dass der jugendliche Held der Geschichte, nicht so, wie es bisher meist üblich war, im Rahmen einer phantastischen Szenerie agierte, sondern im realen sozialen und wirtschaftlichen Umfeld des Berlin der 20er Jahre. Damit begründete Kai in der Kiste einen Typus des jugendlichen Helden, der sich über Kästners Emil und die Detektive bis in die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur fortsetzt.
In den div. Buchausgaben wird die Geschichte etwas variiert.
Die Titelzeichnung und die Textillustrationen der 'Fridolin-Fassung' stammen von Barlog

Georg Fröschel

George Fröschel (1891 bis 1979), in Wien geboren, stammte aus einer jüdischen Bankiersfamilie, ging 1921 nach Berlin, arbeitete bei der UFA und wurde schließlich Redakteur beim Ullsteinverlag. Er verfasste eine Reihe von auch heute noch bekannten Büchern. 1936 musste er Deutschland verlassen und machte in Hollywood eine erfolgreiche Karriere als Drehbuchautor.
Für den heiteren Fridolin schrieb er den Jugendroman in Fortsetzungen "Der weiße Pudel - wie Fritz Hempel Detektivlehrling wurde".
Seit Ende des 19. Jahrhunderts waren Privatdektive beliebte Protagonisten in der trivialen Abenteuerliteratur. Mit Fritz Hempel begegnet uns als Spielart dieses Themas der Typus des jugendlichen Detektivs, der in einer realen Umwelt mit Witz und Mut Kriminalfälle löst und am Anfang einer kinderliterarischen Tradition steht, die über Astrid Lindgrens Kalle Blomquist bis in die Gegenwart reicht.
Die Textillustrationen (Bild links) stammen von Fritz Eichenberg.

Unter dem Namen 'Leberecht Kümmel' veröffentlichte Fröschel im heiteren Fridolin seine bekannte Humoreske Himmel, meine Schuhe!, die erstmals 1932 mit den Illustrationen von Hans Kossak im Schneiderverlag in Buchform erschien.

Als Ergänzungsprodukte zur Zeitschrift gab es die 'Fridolin-Spiele in der Tüte' und den (von Barlog illustrierten) Fridolinkalender

Der 1877 von dem Verleger jüdischer Herkunft Leopold Ullstein gegründete Ullstein Verlag wurde 1934 von den Natianalsozialisten 'arisiert'. Der Versuch eines Neubeginns nach 1945 war auf Dauer nicht erfolgreich. Mitte der 50er Jahre wurde Ullstein von Axel Springer übernommen.

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Nationalsozialistische Propaganda in der Kinder- und Jugendliteratur zwischen 1933 und 1945
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